wenn nichts mehr sicher ist
In einer Zeit schnellen technologischen Wandels könnte man auf den Gedanken kommen, dass Erfahrung an Bedeutung verliert. Viele Strukturen, Tools und Herangehensweisen, die lange funktioniert haben, gelten inzwischen als überholt. Wissen verändert sich schnell. Methoden, die vor wenigen Jahren noch Standard waren, werden abgelöst oder weiterentwickelt.
Vor diesem Hintergrund wirkt Erfahrung manchmal wie ein Bezugspunkt aus einer anderen Zeit. Und doch zeigt sich gerade hier ein anderer, oft übersehener Wert: die Fähigkeit, mit Unsicherheit und Wandel umzugehen.
Menschen, die über längere Zeiträume in wechselnden Kontexten gearbeitet haben, haben etwas gelernt, das sich nicht in Formeln oder Konzepten abbilden lässt: den Umgang mit Unklarheit, mit fehlender Sicherheit, mit Übergängen. Sie haben erlebt, wie sich Systeme verändern, wie man sich neu ausrichtet, wie man im Tun lernt – auch dann, wenn noch nicht alles klar ist.
Unterschiedliche Generationen bringen unterschiedliche Zugänge zu Erfahrung mit. Viele, die in den 1970er- und frühen 1980er-Jahren ins Berufsleben gestartet sind, wurden durch Strukturen geprägt, in denen Stabilität, Verlässlichkeit und fachliche Autorität eine wichtige Rolle spielten. Die nachfolgende Generation hat erlebt, wie sich diese Systeme verändert haben – schrittweise oder in Sprüngen. Ihr Erfahrungswissen entsteht oft aus der Fähigkeit, sich anzupassen, neu zu orientieren und Übergänge zu gestalten. Jüngere Generationen wachsen in einem Umfeld auf, das durch Geschwindigkeit, ständige Veränderung und digitale Selbstverständlichkeit geprägt ist – mit großer Flexibilität, aber auch neuen Formen von Überforderung.
In meiner Arbeit erlebe ich, wie unterschiedlich diese Perspektiven auf Erfahrung sind – und wie viel Potenzial in den Unterschieden liegt. Wenn Menschen mit verschiedenen biografischen Prägungen in Austausch kommen, entstehen neue Sichtweisen auf Entwicklung, Lernen und Zusammenarbeit.
Mentoring schafft hier einen gemeinsamen Rahmen – strukturiert, unterstützend und praxisnah.
Ich werde regelmäßig angefragt, Movement-Programme aufzubauen, wenn es um nachhaltigen Kompetenzaufbau geht. Viele Menschen möchten lernen, andere zu begleiten. Sie übernehmen Verantwortung, teilen ihr Wissen, stellen ihre Erfahrungen zur Verfügung – und wachsen dabei selbst weiter, mit dem Ziel, als Mentor:in wirksam zu werden. Mentoring ist ein fester Bestandteil der Movement-Programme. Es unterstützt Entwicklung – im Denken, im Handeln und in der Zusammenarbeit.
Die Stärke von Erfahrung liegt in der Fähigkeit, vorhandenes Wissen weiterzuentwickeln – und handlungsfähig zu bleiben, auch unter volatilen, mehrdeutigen und dynamischen Bedingungen.